- Michael Stifel
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Michael Stifel (auch: Styfel, Stieffel, Stiefel; * um 1487 in Esslingen am Neckar; † 19. April 1567 in Jena) war ein deutscher Theologe, Mathematiker und Reformator.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Gedenktafel am Haus Schloßstraße 14-15, in Lutherstadt WittenbergStifel kam aus begüterten Verhältnissen. Ohne theologische Vorbildung trat er in das Augustinerkloster in Esslingen ein, wo er 1511 die Priesterweihe erhielt. Im Kloster kam es zu Spannungen, als er mit seiner Schrift Von der Christförmigen rechtgegründeten leer Doctoris Martini Lutheri 1522 hervortrat. Er lebte ganz in den Gedanken der Apokalypse. Nach seiner Kontroverse mit Thomas Murner war er nicht mehr sicher und flüchtete zu Hartmut von Kronberg nach Frankfurt am Main.
Martin Luther brachte ihn als evangelischen Prediger beim Grafen Peter Ernst I. von Mansfeld in Mansfeld unter. Dort begann er mit seinen mathematischen Studien, die ihn auf wunderliche Deutungen der Bibel führten. 1524 wurde Stifel auf Empfehlung Luthers von den Jörgern auf Schloss Tollet bei Grieskirchen (Oberösterreich) berufen. Nach Verschärfung der Lage (Tod von Leonhard Kaiser) kehrte Stifel 1527 wieder nach Wittenberg zurück. Stifel war der erste evangelische Prediger in Österreich. Als er wieder nach Wittenberg kam, verschaffte ihm Luther das Pfarramt in Lochau, führte ihn dort ein und traute ihn mit der Witwe seines Vorgängers Günther.
Das geruhsame Leben führte ihn wieder zu den Rechenkünsten, zur Berechnung des Weltuntergangs 1533 und zur Tragikomödie auf der Lochauer Heide. Stifel befasste sich anfangs mit der so genannten „Wortrechnung“. Damit versuchte er, Texte und Buchstaben der Bibel mathematisch zu deuten und kam so in seiner Schrift Vom End der Welt (Wittenberg 1532) zu dem Ergebnis, dass die Welt am 19. Oktober 1533 um 8 Uhr morgens untergehe. Als der Untergang nicht eintraf, wurde er festgenommen und kehrte nach vierwöchiger Haft nicht mehr nach Lochau zurück. Die Redewendung „einen Stiefel rechnen“ geht auf diese Affäre zurück.
1541 schrieb er sich zum Studium der Mathematik in Wittenberg ein.[1] Luther trat für den harmlosen Rechner ein, der nur noch nüchterne Rechenbücher herausgab und ab dieser Zeit bis 1547 in Holzdorf, dem heutigen Ortsteil von Jessen (Elster), als Pfarrer tätig war. Im Schmalkaldischen Krieg verjagt, ging er nach Haberstrohm bei Königsberg in Preußen, kehrte aber 1554 zurück. Jetzt hielt er zu Matthias Flacius, ging 1559 nach Jena, wo er der erste Professor für Mathematik an der Universität Jena wurde. Als die Anhänger von Flacius in Jena gestürzt wurden, hat ihn Nikolaus Selnecker in seinem Alter gehalten.
Sein Hauptwerk ist die Arithmetica integra (Nürnberg 1544), eine Zusammenfassung der damals bekannten Arithmetik und Algebra darstellte (Cardanos Ars magna erschien 1545). Hierin behandelte er unter anderem negative Zahlen (obwohl er sie numeri absurdi nennt), Exponenten, Zahlenfolgen und Logarithmen. Stifel verfasste mehrere Rechenbücher für den Alltag. Auch behandelte er magische Dreiecke.
Werke
- Von der Christförmigen, rechtgegründeten leer Doctoris Martini Luthers, ein überuß schön kunstlich Lyed: sampt seiner neben ußlegung / Bruder Michael Styfel, Augustiner von Eßlingen – s.l., s.a. – 30 Bl.: Holzschn.; (dt.). Ediert in: Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, hrsg. von Otto Clemen, Band 3,7, Leipzig 1909.
- Wider Doctor Murnars falsch erdycht Lyed von dem Undergang christlichs Glaubens, Bruoder Michael Styfels v. Eßlingen Uszleg u. christliche Gloß darüber. S.l. 1522.
- Evangelium von den zehen pfunden Matthei. am XXV. mitt schöner christlicher ußlegung. Straßburg 1522.
- Antwort Michel Styfels uff Doctor Thoman Murmars murnarrische Phantasey. Mit e. kurtzen beschreibung des glaubens Christi darzu von Kayserlicher oberkeit, Wittenberg 1523.
- Evangelium von des verlornen Son Luce, xv. ca. Ain mensch hatt gehabt zwen sön [et]c., s.l., 1523.
- Ein Rechen Büchlein. Wittenberg 1532.
- Arithmetica integra. Nürnberg 1544.
- Deutsche Aritmetica. Nürnberg 1545.
- Rechenbuch von der welschen und deutschen Practick. Nürnberg 1546.
- Die Coss Christoffs Rudolffs. Königsberg 1553[2]
- Kurzer Abriß der gesamten Lehre Euklids im zehnten Buch seiner Elemente. Königsberg, 1551
- Ein sehr wunderbarliche Wortrechnung sampt einer mercklichen Erklerung etlicher Zalen Danielis und der Offenbarung Sanct Johannis. [S.l.] 1553.
- Vollständiger Lehrgang der Arithmetik. Nürnberg 2007
Literatur
- J. Giesing: Stiefels Arithmetica integra. Döbeln 1879.
- A. Guddas: Michael Stifel Luthers Freund, genialer Mathematiker und Pfarrer im Herzogtum Preußen (Schriften der Synodalkommission f. ostpreußische Kirchengeschichte). Königsberg 1922
- Joseph Ehrenfried Hofmann: Michael Stifel 1487?–1567: Leben, Wirken und Bedeutung für die Mathematik seiner Zeit. Steiner, Wiesbaden 1968
- Matthias Aubel: Michael Stifel: ein Mathematiker im Zeitalter des Humanismus und der Reformation., Dissertation, Universität Duisburg/Essen, Algorismus, H. 72, Rauner, Augsburg 2008, ISBN 978-3-936905-36-6
- Moritz Cantor: Stifel, Michael. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 208–216.
- Stiefel, Michael. In: Zedlers Universal-Lexicon, Band 40, Leipzig 1744, Spalte 22 f.
- Michael Stifel. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
Weblinks
- Literatur von und über Michael Stifel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Abhandlung über Leben und Werk Stifels von Bertram Maurer, Kolping-Kolleg Stuttgart (1999)
Einzelnachweise
- ↑ Album academiae vitebergensis 1502–1560, Leipzig 1841
- ↑ Die Coss Christoffs Rudolffs. Mit schönen Exempeln der Coss. Durch Michael Stifel gebessert und sehr gemehrt. Zu Königsperg in Preussen gedrückt durch Alexandrum Lutemyslensem im jar 1553. Digitale Rekonstruktion bei der UB Bielefeld
Kategorien:- Mathematiker (16. Jahrhundert)
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